Themenabend am 20.06.2016 „Cool sein um jeden Preis?“ von Unmut bis Herzklopfen…Gefühle sind unverzichtbat auf dem Weg zur Reife

Der Abend hat ein wichtiges, aber weitgehend vernachlässigtes Thema ausführlich beleuchtet: Gefühle wie Wut, Aggression oder Frust unserer Kinder fordern uns täglich heraus. Wie gehen wir angemessen damit um?

Maria E. Schmidt forderte in einem rund zweistündigen Vortrag die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer für ungewöhnliche Einsichten in das natürliche kindliche Entwicklungsprogramm. Sie lud dazu ein, unser Verständnis zu verstärken, intuitiv zu erziehen und dabei die Mechanismen der Natur zu erkennen, einer Erziehungskultur, die im Dschungel der Erziehungsratgeber etwas verlorengegangen ist.

Maria Schmidt ist das Thema in zwei Phasen angegangen und referierte zunächst über die wissenschaftlichen Grundlagen für die Beurteilung der Emotionen und erläuterte die drei Schlüssel zur Reife. Im zweiten Teil gab sie Hilfestellung für den richtigen Umgang damit und erläuterte „Five Steps zur emotionalen Gesundheit und Reife“.

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Im Gesamtzusammenhang und anschließender Diskussion wurde die herausragende Bedeutung der Bindung und der Familie deutlich. Seit Generationen orientieren und binden Kinder sich instinktiv an die Menschen, die für sie sorgen, also in der Regel an die Eltern. Diese Bindung ist lebensnotwendig für die gesunde Entwicklung.

Heute erleben wir oft ein anderes Bild: Klare Bezugspersonen sind häufig nicht mehr verfügbar oder werden durch Handy und Fernsehen ersetzt. Stellvertretende Betreuungspersonen wie Lehrer, Erzieherinnen können diese Bindungslücke oft nicht erfüllen. So orientieren sich Kinder und Jugendliche häufig an Gleichaltrigen, die ebenso unreif und unerfahren sind wie sie. Dieser Mangel an nötiger Sicherheit und Geborgenheit, die Kinder zur Reifung brauchen, führt zu Unreife und fehlender Resilienz in widrigen Lebensumständen.

Das Gehirn von Kindern und Jugendlichen, die viele emotionale Verletzungen und Zurückweisungen zu erleiden hatten, reagiert ganz automatisch dagegen und „panzert“ sich, in dem die Emotionen zurückgeschaltet werden. Dadurch ist zunehmend ein Mangel an „weichen“ Gefühlen unter Kindern zu beobachten. Emotionen wie Mitgefühl, Empathie, Trauer, Verantwortlichkeit, Vertrauen und vor allem das Weinen von Tränen sind bei vielen Kindern und Jugendlichen wegen der emotionalen Defizite nicht mehr vorhanden. Diese Blockaden kann man nur mithilfe einer guten und positiven Bindung wieder lösen.

Geben wir Ihnen also einen liebevollen Ort der Geborgenheit, eine Zeit für Tränen und – ganz wichtig – einen Platz zum Spielen. Hier können sie sich selbst finden und ausdrücken und im folgenfreien Raum üben, was Mut, Kreativität, Geduld und Verantwortung bedeuten. Spielen ist keine Arbeit und nicht real, aber es ist eine Möglichkeit LEBEN zu lernen.

Der umfangreiche Vortrag von Maria E. Schmidt mit ausdifferenzierten Erklärungen kann unter ihrer Emailadresse maria.schmidt@herzensgipfel.org angefordert werden, aus Datenschutzgründen leider nur für Zuhörer, die am Vortragsabend als zahlende Gäste teilgenommen haben.

Februar: 3. Themenabend – Hauptsache online – Internet zwischen Faszination und Kontrollverlust

Hauptsache online – Internet zwischen Faszination und Kontrollverlust

wie lange darf sich mein Kind mit dem Handy, IPad oder PC beschäftigen+++wie erziehe ich richtig im Umgang mit den Medien+++ was ist erlaubt+++wann wo muss ich Grenzen setzen ?

3. Themenabend
Foto: © wertevollwachsen

Das sind häufige Fragen, die sich Eltern mit Kindern schon früh stellen. Dietrich Riesen, Erzieher, Jugendreferent und systemischer Berater und Therapeut i.A., tätig in der Beratung, Prävention und Fortbildung, hat für wew im Februar einen Vortrag zu diesem Thema gehalten. Er arbeitet in der Fachstelle Mediensucht „return“ in Hannover, bei der Kinder und Eltern Hilfe bekommen, um Medienabhängigkeit zu erkennen und zu bekämpfen.

Eine der ersten Fragen des Abends war, wie viele Bildschirme wir zuhause besitzen. Mit Erstaunen stellten wir fest, dass eine Hand nicht reicht um die richtige Zahl zu nennen. Fernsehen, Laptops, Tabletts, Handys, in unseren Haushalten gibt es genügend (oder zuviel?) davon. Kinder und Erwachsene lassen sich von der Faszination der Medien, der erstaunlichen Vielfalt des Internets, den neuen Apps und den Social Media „abholen“ und mitnehmen. Die letzten Untersuchungsergebnisse zeigen, dass der Internetkonsum von Kindern im Alter von 13 bis 17 Jahren durchschnittlich über 7.5 Stunden am Tag beträgt! Eine erschreckende Größenordnung! Es ist neu in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit, dass Eltern bei einem Thema darauf angewiesen sind, Wissen bei ihren Kindern zu erfragen. Denn wenn es darum geht, Handys einzustellen oder Apps zu installieren, sind sie versierter als der durchschnittliche Erwachsene. Die wenigsten Eltern benutzen Portale wie Youtube oder Vimeo, Snapchat oder Musically, Web-Adressen, auf die Kinder regelmäßig zugreifen. Auch ständig neue Apps, die „hip“ sind, lassen uns Eltern staunen. Wie können wir unsere Kinder dazu erziehen, Medien verantwortungsvoll zu nutzen, vor allem wenn wir selbst auch teilweise damit überfordert sind?

An diesem Abend wurde klar: die Mediennutzung muss zum Alter und zur Reife des Kindes passen. Es gibt keine feste Formeln für entwicklungsbezogene Erziehungshilfen. Einige sehr gute Empfehlungen finden Sie unter www.medienratgeber-fuer-eltern.de.

Wichtig ist zu erkennen, wo die Gefahren lauern:

Mangel an Sozialkompetenz

Kinder die sehr lange am PC spielen, können die Verbindung zur Realität verlieren und sich in der Rolle der Protagonisten des Spiels verlieren. Hier bekommen sie Bestätigung, Lob und Selbstwertgefühl. Dadurch wird das Gehirn ständig „beglückt“ mit Hormonen wie Dopamin, die ähnlich wie Kokain, Kinder in ein ständiges Glücks- und sogar eine Gefühl von Macht versetzen. Dies ist auch durch neueste Ergebnisse der Hirnforschung und die Möglichkeiten bildgebender Verfahren erwiesen.

Bei zu häufigem Konsum kann es passieren, dass die Kinder sich von der Realität mehr und mehr abwenden und das Erlernen von Sozialkompetenzen versäumen.

Kinder in der Pubertät brauchen Bestätigung und Bestärkung. Wenn diese nicht vom Umfeld bekommen, ist die Anfälligkeit für Abhängigkeiten und Suchterkrankungen extrem hoch.

Bindungsunfähigkeit

Kinder werden oft sehr früh mit Bildern konfrontiert, die sie seelisch verletzen. Webseiten mit stark sexuellen oder sogar pornographischen Inhalten lassen die Schamgrenze der Kinder schnell sinken, so dass diese ein falsches Bild von einer gesunden Sexualität und Partnerschaft bekommen. Nicht selten führt dies zur Bindungsunfähigkeit im Erwachsenenalter.

Unruhe/ Konzentrationmangel

Kinder und Jugendliche haben das Gefühl immer „Online“ sein zu müssen, um nichts zu verpassen. „Freunde“ müssen immer und überall erreichbar sein. Das lässt den Kindern und Jugendlichen keinen Raum mehr für Ruhe oder Muße.

Wichtig ist es daher, immer wieder das Gespräch mit den Kindern zu suchen. Bei interaktiven Computerspielen kann es hilfreich sein, nach der Länge einer Spieleinheit zu fragen und das Spielende im Konsens festzulegen. Sie ständig zu kontrollieren oder gar die Handys regelmäßig zu überwachen, kann das Vertrauensverhältnis zwischen Kindern und Eltern allerdings beschädigen. Besser ist es, über die Mediennutzung zu reden, klare Regeln zu setzen und Raum zu geben für das Erlernen von Verantwortung, Kreativität und Freude an der Nutzung von Medien.

 

Wichtige Internetadressen und Links:

Medienratgeber für Eltern

Dieser Ratgeber wurde von MEDIA PROTECT e.V. in Zusammenarbeit mit return entwickelt und bietet hilfreiche Tipps für den Alltag. Das Elternberatungsprojekt des Vereins ist ebenfalls bemerkenswert und wird wissenschaftlich begleitet:

Hier auch Bestellung des Ratgebers:
Praxisbuch zur Prävention von Internet-Pornographie-Konsum.

November: Vortrag „Der Wolf im Schafspelz“ von Monica Mertens

Foto: © wertevollwachsen

Frau Mertens hielt einen spannenden, sehr informativen und anschaulichen Vortrag über eine neuartige Gefahrenlage für Jugendliche, und hier vor allem für junge Mädchen ab 13 Jahren. Hier wird vor allem das Internet als Medium genutzt, um Erstkontakt zu potentiellen Opfern zu bekommen, die später unter Anwendung von Gewalt und Erpressung zu kriminellen Handlungen gezwungen werden.

Das Vorgehen folgt offenbar oft einem Muster. Junge Mädchen werden gezielt aus den „sozialen Netzwerken“ wie Facebook, Instagram, Snapchat etc. je nach Alter, Aussehen und emotionalem Zustand ausgesucht. Dann werden mit Profilen von jungen Männern Fotos geliked und mit Schmeicheleien kommentiert, um die Aufmerksamkeit der Mädchen zu bekommen.

Pubertierende Kinder sind oft naiv und sehr anfällig für Komplimente. Sie sind sich der Gefahren der Erwiderung solcher Kontakte meist nicht bewusst. Daher „beißen“ in dieser Phase viele potentielle Opfer an.

Es kann aber durchaus sein, dass auf der anderen Seite eine kriminelle Organisation von „Loverboys“ sitzt, die nun gezielt jemanden aussucht, der dem Mädchen nachgeht, sich mit ihm trifft, es umgarnt und abhängig von ihm macht. Hat ein Treffen erst einmal stattgefunden, ist das Mädchen in akuter Gefahr. Durch ein Wechselbad an Zuneigung und Geschenken auf der einen und Verachtung und Gewalt auf der anderen Seite wird die Abhängigkeit erhöht und die Hemmschwelle systematisch gesenkt. Sobald es zu ersten sexuellen Kontakten gekommen ist, sind die Mädchen meist erpressbar. Mit der Drohung, den Eltern davon zu erzählen, bringt der „Loverboy“ das Mädchen dazu, ihm „Gefälligkeiten“ zu erweisen. Oft braucht es dann Jahre, bis die Mädchen wieder aus dem Sumpf der Kriminalität mit Prostitution und Drogenhandel heraus zu kommen. Die Schäden bleiben in jedem Fall für das ganze Leben.

Was können Eltern tun?

Kinder im Teenageralter brauchen eine erhöhte Zuwendung und es ist wichtig, gerade auch in diesem Alter, die Kommunikation mit ihnen aufrecht zu erhalten. Durch negative Reaktionen und Abwehrhaltungen der Kinder dürfen sich Eltern in der Zeit der Pubertät nicht einschüchtern und nicht bremsen lassen. Standpunkte und Meinungen sollten jederzeit klar vertreten werden. Das bleibt mit Sicherheit auch bei pubertierenden Kindern nicht ohne Wirkung. Eine Aufklärung der Mädchen und Jungen über die Gefahren des Lebens muss von den Eltern geleistet werden. Auch Kinder müssen lernen, Meinungen und Standpunkte zu entwickeln und klar dazu zu stehen. Dabei ist es auch wichtig, das „Nein-Sagen“ zu lernen. Darauf aufbauend empfiehlt Frau Mertens den Eltern und den Kindern, für eine erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht bei der Nutzung des Internets und der Sozialen Netzwerke zu sorgen. Auffälligkeiten, die auf akute Gefährdungen von Kindern hinweisen, sollten sehr ernst genommen werden und gegebenenfalls zur polizeilichen Anzeige gebracht werden.

 

 

Aktuell in der Presse:

RP Loverboys 18.11

Quelle: Rheinische Post 18.11.2015

TOP zum Thema November: Flüchtlinge

Wer die Bilder von den Flüchtlingsströmen sieht, die täglich in die EU und insbesondere nach Deutschland drängen, dem ist klar, dass wir mit diesem Ansturm vor ganz neuen Aufgaben stehen.

Es sind nicht nur organisatorische und finanzielle Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben, sondern mehr noch kulturelle…

Die schiere Menge der Asylsuchenden aus einem völlig anderen Kulturkreis, die unser Land zu überschwemmen droht lässt selbst wohlmeinende, hilfsbereite Bürger zweifeln, ob das ohne Auseinandersetzungen funktionieren kann.

Und so kommt auf einmal wieder eine Frage in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion, die lange Zeit umgangen wurde, weil sie schwierig zu beantworten und heikel ist, nämlich die Frage nach einer gemeinsamen Leitkultur! Gibt es die überhaupt in Deutschland und wenn ja, was ist darin zwingend enthalten?

Was darunter im Ganzen zu verstehen ist, wird nicht leicht zu fassen sein und allein die innerpolitischen Auseinandersetzungen bezüglich der richtigen Familienpolitik, der Geschlechtergleichheit und vieler anderer Themen lässt vermuten, dass diese Frage höchst unterschiedlich beantwortet werden kann, je nach dem aus welchem Blickwinkel man das tut. Diese Debatte wird auf politischer Ebene geführt werden müssen.

Was aber kann man sofort tun und welche Werte können wir unseren Kindern mitgeben ohne irgendwelche Ideologien zu bedienen?

Wir meinen, dass es universelle menschliche Werte gibt, die sozusagen den Grundmodus einer Gesellschaft bestimmen müssen und dies auch tun in unserem Land. Darauf dürfen wir stolz sein und das ist ja auch mit der Grund, warum wir in dieser Krise stehen und zum Traumziel vieler Verzweifelter werden. Dieser kleinste gemeinsame Nenner, ausgedrückt im §1 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar…„ ist für uns selbstverständlich, in vielen Ländern dieser Welt leider jedoch nicht.

Über Jahrzehnte lebt Deutschland in einem Raum des Friedens, der Sicherheit und der Freiheit. Jetzt ist die Zeit da, in der wir wichtige Werte wie Solidarität, Offenheit, Respekt und Nächstenliebe in die Praxis umsetzen müssen. Das sind Werte, die uns in der Vergangenheit stark gemacht haben, und Deutschland zu einem der stabilsten und sogar wohlhabendsten Länder der Welt gemacht haben. Diese Krise ist eine Chance, uns mit Mut und Zuversicht zu vereinen und uns offen zu zeigen für die vielen Familien, die zu uns kommen. Denn nur wenn wir einen Raum für die Begegnung finden, kann die Situation entschärft werden.

Dies dürfen und müssen wir aufzeigen, wenn fremde Kinder zu uns kommen und unterrichtet werden, dies müssen aber auch unsere Kinder schätzen, bewahren und teilen lernen als ein Geschenk, das ihnen als Bürger in einem freiheitlich demokratischen Staat sozusagen in die Krippe gelegt wurde.

Unsere Buchreihe für 6-18 jährige lehrt genau diese Werte und als wir uns entschieden haben im Januar 2014 mit der Übersetzung von Band 5 für 10-11 jährige zu beginnen, ahnten wir nicht im Entferntesten, dass genau dieser Band „Einheit in Vielfalt“ eineinhalb Jahre später eine solche Aktualität haben würde. Aber sehen Sie selbst… (Weiterlesen…)

 

Ihr Team von wertevollwachsen e.V.

September: Vorstellungsabend unseres neu gegründeten Vereins

In informeller und privater Runde hat sich am 10. Juni 2015 wertevollwachsen e.V. in Meerbusch vorgestellt.

An diesem kleinen Informationsabend hatten die Eltern die Möglichkeit, unsere Bücherreihe kennenzulernen und den Vortrag von Maria Elisabeth Schmidt „Unsere Kinder brauchen uns!“ zu hören. Frau Schmidt, eine anerkannte Neufeld-Kursleiterin, hat über die Wichtigkeit der Bindungstheorie referiert und über Ihre entscheidende Wirkung in Bezug auf den Erziehungsauftrag der Eltern.

TOP zum Thema Juli: 24h KITA

Fast 700.000 Kleinkinder gehen derzeit in Kitas, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am 14. Juli herausgab und nun rührt unsere Familienministerin in großem Stil die Werbetrommel für das 100 Millionen schwere „Kita Plus“ Programm, mit dem eine 24h-Rundumbetreuung für unsere Kleinsten gewährleistet werden soll. Begründung: Frühkindliche Bildung sei zentral für die Entwicklung!

Dies sah Kurt Biedenkopf, der damalige Ministerpräsident von Sachsen ähnlich, als er 1999 auf einem Kongress zum Thema „Erziehungsgehalt in Europa“ sagte:

…nichts entscheidet mehr über die Existenz der Gesellschaft, ihre Kultur, ihre Sprache, ihre Identität, als der Nachwuchs und die Art und Weise, wie dieser Nachwuchs in den ersten Jahren seines eigenen Lebens geprägt wird…“

…allerdings bezog sich das damals auf den Wert von Familienarbeit!

Schnee von gestern oder wie kommt es, dass der Staat inzwischen selbst die Erziehung auch von Kleinkindern massiv in die Hand genommen hat und  sich dabei konsequent dem Modell „DDR“ annähert?

Feministinnen mit Blick auf die Emanzipation der Frau und Wirtschaftsverbände mit Blick auf das „Humankapital Frau“ geben sich hier die Hand und verfolgen mit Rasanz die selben Ziele:

Auf dem Krippengipfel 2007 hat die damalige Bundesfamilienministerin von der Leyen erstmalig als Ziel vorgegeben, dass jedes dritte Kleinkind im Jahr 2013 einen Betreuungsplatz erhält. Seit August 2013 hat schon jedes Kind ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz. Frau Schwesig setzt noch eins drauf und steuert die 24-Stunden-Kita an, beflügelt von einer aktuellen Allensbach-Studie, die angeblich genau diesen Wunsch von Eltern bestätigt sieht.

Wie immer kann man die Dinge von zwei Seiten sehen…

Wir lesen ein bisschen genauer und stellen fest: mindestens ebenso viele Eltern, nämlich genau 50%, wollen gar nicht mehr Betreuung für Ihre Kinder und wären stattdessen zufrieden, wenn sie Steuererleichterungen und durch Teilzeitarbeit einen besseren Wiedereinstieg in den Beruf bekämen statt einer Rundum-Betreuung für ihre Kleinen. Dies zeigt sich auch an der deutlich gestiegenen Nachfrage nach dem Betreuungsgeld, von vielen als „Herdprämie“ diffamiert und marginal im Verhältnis zu dem Geld, das in jeden einzelnen Kitaplatz investiert wird. Denn nicht alle Eltern wollen sich die Erziehung vom Staat aus der Hand nehmen lassen. Nicht jede Familie setzt ihre Kinder nur vor den Fernseher und die Bedeutung der Kita als Bildungsstätte wird reichlich überhöht.

Donata Elschenbroich, akademische Erzieherin und Autorin des Buches „Weltwissen der Siebenjährigen“ schwärmte kürzlich in der FAZ:

Das deutsche Bildungssystem begegnet unseren Kindern erstmals durch Erwachsene im Kindergarten. Dabei erfährt das Kind etwas höchst Erstaunliches, so unter allen Lebewesen nur bei den Menschen zu beobachten: Ältere Artgenossen bemühen sich systematisch und nach Kräften, von ihrem Wissen abzugeben und zu teilen. Das Kind erfährt, als könne es gar nicht anders sein: eine erwachsene Person, nicht mit mir verwandt, vielleicht sogar von anderer Hautfarbe, hält es für bedeutsam, dass mein Fuß in diesen Schuh nicht passen will. Die Person deutet auf einen anderen Schuh. Sie verharrt aufmerksam, bis ich nach einigem Zögern selbst den Dreh gefunden habe. Problem gelöst! Die Person freut sich, gratuliert mir!“

Wir meinen, das deutsche Bildungssystem begegnet unseren Kindern zunächst einmal durch die Eltern, denn die sind ja auch nicht im Niemandsland der Bildung groß geworden! Nichts gegen die Fähigkeiten von Erzieherinnen, aber diese prosaische Beschreibung eines Vorgangs im „Leben lernen“ findet auch in jeder Familie statt. Das können und tun auch ganz normale Mütter, Großmutter Opas und Papas, dafür brauchen wir  keine „frühpädagogische Fachkraft“ und Bildung läuft in der Familie eigentlich ganz nebenbei ab, am Küchentisch, beim Kochen, einkaufen oder sonst wo.

wertevollwachsen: Vater und Kind im Garten
Foto: © Mareile Albertz

Kleine Kinder machen das ganz prima mit, was sich an ganz normalen Tagen in einer Familie abspielt und sie lernen eine Menge dabei.

Die Kinderkonferenzen, die nach Aussage von Frau Elschenbroich mittlerweile schon die Regel in vielen Kindergärten sind, damit die Großen mit den Kleinen „Projekte machen“ – man könnte auch sagen „spielen“ –  gibt es dazu auch noch gratis, ganz ohne „Konferenz“! Im Glücksfall sind nämlich auch noch Geschwister- oder Nachbarkinder da und die spielen naturgemäß auch so miteinander, ganz ohne Planung und Ansage.

Keine Frage, die Lebensentwürfe werden immer vielschichtiger und es gibt sicher für manche Eltern gute Gründe, ihre Kinder in die Kita zu geben. Erschreckend ist jedoch, mit welcher Vehemenz  der Kitaausbau von den Parteien übergreifend gefordert wird und wie wenig Gedanken man sich über die Folgen macht.

Zum Glück gibt es  noch diese 50% Eltern, die das auch erkennen und  einfach nicht mitmachen und wir sollten ihnen mehr Gehör verschaffen! Manche rudern auch wieder zurück, nachdenklich geworden durch ein Leben im gehetzten Modus, auch wenn sie dafür vielleicht auf das ein oder andere verzichten müssen. Alles hat seine Zeit, und Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist häufig nur ein Ammenmärchen, ausgetragen auf dem Rücken der Mütter und leider auch der Kinder:

Laut der amerikanischen NICHD-Studie aus den Neunzigern(!) haben Kitakinder unter drei einen Cortisolspiegel (Stressindikator), der dem eines Managers mit Burnoutsyndrom entspricht.

Der Kinderarzt Dr. med. Rainer Böhm nimmt hierzu auf dem sozialpädiatrischen Kongress in Bielefeld 2011 schon deutlich Stellung:

Chronische Stressbelastung ist im Kindesalter die biologische Signatur der Misshandlung. Kleinkinder dauerhaftem Stress auszusetzen, ist unethisch, verstößt gegen Menschenrecht, macht akut und chronisch krank.“ (Weiterlesen…)

Darüber redet man nicht gern und dies wird medial weitestgehend unter dem Deckel gehalten. Die Entscheidungsträger scheint es jedenfalls nicht weiter zu beeindrucken.

Hunde haben es da besser, bei Tieren ist ein Konsens schnell erreicht: Als wir unseren Welpen bekamen, riet uns die Züchterin, das Tier bloß nicht im ersten halben Jahr in fremde Hände zugeben. Der junge Hund müsse erst mal wissen, wo es hingehört und wer sein Rudel ist, damit er Grundvertrauen bekommt! Klar doch, verstehen wir total!

Kennen wir aber doch auch von den Bindungswissenschaftlern… die warnen  schon lange vor den dramatischen Folgen einer mangelnden Bindungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen.

Wie war das noch mal? Ein Menschenjahr entspricht sieben Hundejahren, also ein halbes Hundejahr entspricht dreieinhalb Menschenjahren, kommt vielleicht also doch hin mit der alten Regel, so ca. ab drei in den Kindergarten:) und vielleicht ist Familie leben doch kein Schnee von gestern…

 

Ihr Team von wertevollwachsen e.V.