Ü3 Betreuung Chancen und Risiken

Wussten Sie schon, dass das Deutsche Ärzteblatt bereits im September 2014 titelte: „Stresshormon verringert Knochenstabilität bei Kindern“
www.aerzteblatt.de/Stresshormon-verringert-Knochenstabilitaet-bei-Kindern

und die AOK im Jahr 2012 feststellte: Im Osten der Republik gibt es eine signifikant höhere Zahl an Knochenbrüchen. Dort scheint man gefährlicher zu leben: In Rostock 7,15% Knochenbrüche gegenüber Duisburg mit 3,29%.
https://www.presseportal.deknochenbruch-risiko-ist-im-osten-besonders-hoch-bundesweite-frakturen-statistik-zeigt-grossstaedte

Dass dies mit der flächendeckenden Kitabetreuung in der ehemaligen DDR zu tun haben könnte, liegt auf der Hand, wenn man die Erkenntnisse aus der großen amerikanischen NICHD Studie (National Institute of Child Health and Development) betrachtet: Bis zu 90% aller frühbetreuten Kinder haben eine Cortisolspiegel, der dem eines Managers mit Burn-Out Syndrom vergleichbar ist!
https://www.fachportal-bildung-und-seelische-gesundheit.de

Diese und weitere erstaunliche Erkenntnisse hat uns Dr. Dorothea Böhm in ihrem wissenschaftlich fundierten Vortrag am 6.März über die Chancen und Risiken der U3-Betreuung dargelegt.

Ihre häufigste Frage: Haben Sie schon mal von dieser Studie gehört? Leider nein, war die Antwort zu der Frage aus dem Publikum, bei der es um die größten Studien zum Thema frühkindliche Stressbelastung im Zusammenhang mit einer frühen Krippenbetreuung ging und zwar aus den USA, Kanada und Österreich.

So schwirrten uns die NICHD-Studie, Wiener Krippenstudie, Quebec-Studie durch den Kopf, allesamt großflächig angelegt um die Langzeitwirkung von Krippenbetreuung zu untersuchen und in Erinnerung blieb wohl am Besten: dass wir noch nie etwas davon gehört haben, – dass die Initiatoren allesamt Krippenverfechter waren und ihre Meinung massiv revidieren oder modifizieren mussten…, – dass Übergewicht, AD(H)S u.v.m. weitere Folgen der chronischen Stressbelastung bei Kindern sind und – dass selbst die kognitiven Vorteile, sprich Bildung, erstaunlicher Weise nur sehr begrenzt nachweisbar sind (unter 5% lt. Nubbek-Studie/Deutschland)

Aber es gibt auch gute Nachrichten: eine Fremdbetreuung ist bei höchster Qualitätund zeitlicher Begrenzung (ab dem zweiten Lebensjahr max. 20h und max. halbtags, siehe auch „Bielefelder Empfehlungen“) ggf. unschädlich, je nach individueller Bereitschaft des Kindes.

Für unsere Gäste vor Ort gibt es auf Wunsch wieder den Originalvortrag zum Nachlesen.
Weiterführende Informationen für alle:

www.fachportal-bildung-und-seelische-gesundheit.de
www.sicherebindung.at
www.fuerkinder.org
www.attachmentparenting.org

Leserbrief zum Thema „Viele Kinder erfahren Gewalt statt Geborgenheit“

Leserbrief zum Artikel „Viele Kinder erfahren Gewalt statt Geborgenheit“, Titelseite der neue Westfälische Zeitung,19.2.2016

Dorothea Böhm

Man sollte meinen, dass wir in Sachen Vorbeugung von Kindesmisshandlung nichts unversucht lassen. Man sollte meinen, dass wir schon um der Kinder willen alles dafür tun, damit Mütter und Väter vor Stress, Zeit- und Geldnot geschützt sind. Die (familienministerial gewollte) Realität sieht jedoch anders aus. Das Motto „gutes Geld für gute Arbeit“ gilt nur außer Haus, jede innerfamiliär geleistete Care-Arbeit muss der Gesellschaft geschenkt werden. Als Folge davon sind Eltern zu zusätzlicher Erwerbsarbeit genötigt und geradezu zwangsweise überlastet.
Aber nicht nur überlastete Eltern geraten in Gefahr zu entgleisen und ihre Kinder zu misshandeln. Nicht nur Schläge, Anschreien und kühle Abweisung sind für Kinder traumatisierend. Ob es uns passt oder nicht, die von Ökonomieseite bejubelte U3-Betreuung ist ebenfalls reale Kindesmisshandlung! Wenn Mama oder Papa trotz des verzweifelten Appellweinens ihres Kinds fortgehen, hört es nach kurzer Zeit auf zu weinen. Die Eltern werden mit diesem Umstand später beschwichtigt. Die betreffenden Kinder haben sich jedoch mitnichten „beruhigt“, sie folgen einem uralten genetischen Programm, in der Schutzlosigkeit des Verlassenseins nur ja keine Beutegreifer durch Geräusche auf sich aufmerksam zu machen. Deswegen sind sie still und buchstäblich erstarrt vor Angst, weswegen dies als „Freeze“ bezeichnet wird. Menschen sind weder Nestflüchter noch Nesthocker, sondern, wie alle höheren Primaten, Traglinge. Ausbau und Förderung der U3-Betreuung ist eine Fehlentwicklung. In den ersten drei Lebensjahren ist unser emotionaler Fürsorgebedarf aufwändig und nur durch Liebe, primäre Bindung und im Modus 1:1 vollumfänglich zu gewährleisten. Deswegen sind Menschen auch „gemeinte“ Einlinge. Erst ab etwa dem vierten Geburtstag sind Kinder gemäß ihres Entwicklungsstand in der Lage, ohne Schmerz und Schaden einige Stunden lang ohne ihre primäre Bezugsperson auszukommen und damit tagesgruppenkompatibel. Nur wenn wir uns darauf besinnen, wie wir Kinder in evolutionär vorgesehener Weise aufwachsen lassen, fördern wir Wohlbefinden, Glücksgefühl, Resilienz, Empathie – und gewaltfreie Erziehung, wenn die späteren Erwachsenen selbst Eltern werden.